iF DESIGN STUDENT AWARD: Federico Ferretti von Haier über die Förderung junger Talente
Federico Ferretti von Casarte (Haier) - einem Sponsor des iF DESIGN STUDENT AWARD - verrät im Interview, was es braucht, um eine Karriere als junger Designer zu starten und wie Nachhaltigkeit und soziale Wirkung dabei eine Rolle spielen.
iF DESIGN: Zunächst einmal: Warum sponsert Casarte den iF DESIGN STUDENT AWARD zur Förderung junger Designtalente?
Federico: Haier Design ist letztes Jahr 30 Jahre alt geworden. Die Art und Weise, in der sich unser globales Team von mehr als 350 Mitarbeitern entwickelt hat, war immer auf unser Engagement für die Mischung von Talenten aus verschiedenen Kulturen, Hintergründen und Generationen zurückzuführen. Mit Blick auf die jüngeren Designer glauben wir, dass Leidenschaft, die treibende Kraft hinter dem Talent, die ultimative Fähigkeit ist, die die Designwelt braucht. Wir investieren in Leidenschaft, und durch die Unterstützung junger Designer fördern wir die Energie und den Optimismus, die für eine bessere Zukunft unerlässlich sind.
iF DESIGN: Was erwarten Sie von den Teilnehmern des Wettbewerbs? Was ist eigentlich ein ?preiswürdiges' studentisches Konzept?
Federico: Wir erwarten von den Teilnehmern, dass sie Konzepte vorlegen, die die richtige Balance zwischen Vision, Empathie und Handeln finden. Ein preiswürdiges studentisches Konzept sollte Folgendes aufweisen:
Weitblick: Die Fähigkeit, einen komplexen Kontext zu verstehen, in dem sich Technologie, Wirtschaft und Menschen überschneiden, und sich ganzheitliche und systemische Lösungen vorzustellen, die über das "Produkt" selbst hinausgehen.
Einfühlungsvermögen: Die Fähigkeit, sich in die Bedürfnisse und Wünsche anderer Menschen hineinzuversetzen und sie zu verstehen.
Handeln: Nicht nur eine mögliche Richtung aufzeigen, nicht nur die Frage stellen, sondern eine Lösung als Teil eines Fahrplans strukturieren, der vom Engagement bis zu umsetzbaren und praktischen Schritten reicht.
Diese Elemente zusammen ergeben ein Konzept, das sowohl innovativ als auch wirkungsvoll ist.
iF DESIGN: Nachhaltigkeit und Relevanz gehören zu den zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit, ebenso wie alle SDGs der UN. Wie gehen Sie bzw. Haier mit diesen Themen um?
Federico: Als weltweit führender Anbieter von Haushaltsgeräten mit einem großen industriellen Fußabdruck hat Haier die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt des Unternehmens gestellt. Nachhaltigkeit im weiteren Sinne bedeutet, dass wir unsere Auswirkungen auf die "glokale" Wirtschaft, die Gesellschaft und die Umwelt berücksichtigen und abwägen. In unserem Designprozess verfolgen wir einen "vierdimensionalen Ansatz", um sicherzustellen, dass unsere physischen und digitalen Lösungen es wert sind, in die Häuser und das Leben der Menschen zu kommen:
Design zum Nutzen: Sie sollen funktional und für möglichst viele Menschen in unterschiedlichen kulturellen Kontexten und Lebensphasen verständlich sein.
Design to Match: So gestaltet, dass es mit den Verhaltensweisen und Werten verschiedener Menschen übereinstimmt und mit unseren Marken übereinstimmt.
Design to Last: Entwickelt, um unsere Kunden über viele Jahre zu begleiten, mit der Möglichkeit, aktualisiert und repariert zu werden.
Design to Fit: Es wird als Teil eines minimalen Angebots konzipiert, um das richtige Geschäftsmodell und die richtigen Kanäle zu unterstützen, und so gestaltet, dass es sich nach dem Kauf nahtlos in die heimische Landschaft einfügt. Zeit und Menschen sind die ultimativen Dimensionen, an denen wir Design messen.
iF DESIGN: Wir leben in einer sehr komplexen Welt, in der es viele ökologische und politische Probleme gibt, aber auch technische Entwicklungen wie die künstliche Intelligenz, die junge Designer vor neue Herausforderungen (oder Möglichkeiten) stellen. Wie sehen Sie all dies, wenn Sie an junge Designer denken, die ihre Karriere beginnen?
Federico: Jüngere (und ältere) Generationen sollten keine Angst vor Veränderungen haben. Bei Design ging es schon immer um Veränderung, und talentierte Designer wissen, dass Design nicht auf dem basiert, was sie wissen, sondern eher darauf, wie sie auf das reagieren, was sie nicht wissen. KI sollte als "Zooming-out"-Werkzeug verstanden werden, als "Fahrstuhl", der es Designern ermöglicht, Herausforderungen in ihrer komplexen systemischen Struktur und als Teil eines langfristigen Wandels zu sehen. Junge Designer müssen die humanistische Seite des Designs fördern und Technologie und KI nutzen, um ihre Lösungen in Raum und Zeit zu projizieren und sie dadurch nachhaltiger und universeller zu machen. Wahre Innovation entsteht aus dieser Mischung aus menschlicher Einsicht und technologischem Fortschritt.
Federico Ferretti ist seit 2021 Leiter des Mailänder Experience Design Centers bei Haier und betreut die Erlebnisangebote von Haier, Hoover und Candy. Im Jahr 2018 gründete er das Mailänder Design Innovation Center für Midea. Er ist der ehemalige Geschäftsführer von Continuum. Zuvor war er Associate Creative Director bei Frog. 1998 begann er seine Designreise bei Mattel- FischerPrice. Federico ist ein erfahrener Dozent mit Teilnahmen an verschiedenen Bildungseinrichtungen. Derzeit ist er wissenschaftlicher Koordinator des Masterstudiengangs für Innovationsstrategie und Produkte am IED Mailand und Fakultätsmitglied am Bocconi EMiLUX.
iF DESIGN: Welche Schlüsselqualifikationen erwarten Sie bei der Suche nach neuen Designern für das Casarte/Haier-Designteam?
Federico: Wie bereits erwähnt, erwarte ich drei "Superkräfte" (AKA Soft Skills):
1. Sehen Sie es (Vision): Es geht nicht nur um Kreativität; es geht darum, ein Ziel zu haben und kreativ zu sein. Tipp:
Versuchen Sie nicht nur, viele Ideen zu haben; verstehen Sie, was ideal ist.
2. Fühlen Sie es (Empathie): Es geht nicht nur darum, wer du bist, sondern auch darum, was du für andere tun kannst. Tipp:
Seien Sie interessierter, als zu versuchen, interessant zu sein.
3. Tun Sie es (Action): Es geht nicht nur darum, etwas zu machen, sondern es auch zu verwirklichen. Tipp:
Mach es klar, mach es real.
iF DESIGN : Was ist Ihr wichtigster Rat an junge, aufstrebende Designer und warum?
Federico: Ich bin nicht alt, aber ich erwarte, dass jüngere Kollegen mir Ratschläge erteilen werden. Sie sind die Zukunft! Wenn ich einen Ratschlag geben muss, dann würde ich ihn am liebsten meiner Generation geben: Unsere Aufgabe ist es, den Weg zu zeigen, aber nicht den, der vor uns liegt, sondern den, aus dem wir kommen.